Rhabarberkuchenzeit
Mein liebstes Rhabarberkuchen Rezept möchte ich hier mit euch teilen. Wenn ich diesen wunderbaren Hefestreusel backe und mit den Händen in der Schüssel aus Butter, Zucker und Mehl die Streusel knete, sehe ich meine Kinderhände in dieser Mischung und daneben die alten, von Gicht geplagten Hände meiner geliebten Oma. Gerne habe ich ihr in der Küche und im Garten geholfen und dieses gemeinsame Streuselkneten habe ich als besonderes schön in Erinnerung. Gemeinsam etwas zu tun, angeleitet von meiner geduldigen Oma, die zuckrigen Finger abschlecken und anschließend der herrliche Hefeduft, der sich aus dem Backofen im Keller langsam durch das ganze Haus schleicht. Ein Gefühl von Heimat und Gemütlichkeit macht sich in mir breit, während meine Hände die Streusel formen und ich darüber nachdenke, wie sehr meine Oma mir ein Vorbild ist.
Ihre ruhige, ausgeglichene Art, ihre Geduld meine Fragen zu beantworten und mir zu zeigen wie man Hefekuchen backt, wie man sät, pflanzt, gießt, erntet und die Gartenschätze dann verarbeitet. Wie man Samen erntet und trocknet, wie man Hühner füttert, Eier holt und den Hof kehrt. All das hat sie mir gezeigt und mich mit hinein genommen in den ganz natürlichen Kreislauf der Natur und des Alltags. Ich habe von ihr gelernt, wie ein nachhaltiges, sparsames Leben aussehen kann und gesehen, wie man einen großen Garten bewirtschaftet. Ich habe gesehen, wie viel Arbeit, Zeit und Mühe das kostet und bewundert, was sie alles weiß und kann. Noch heute würde ich sie manchmal gerne anrufen und fragen, wie sie die Möhren im Winter gelagert, wie sie Sauerkraut hergestellt hat oder wie lange sie den Hefekuchen gehen ließ. Manches habe ich mir von ihr erklären lassen und direkt aufgeschrieben. So steht z. B. in meinem Rezept für die Streusel als Mengenangabe: “Drei Hände Zucker, drei Hände Butter und Mehl, wieviel´s nimmt.” Daneben habe ich mir notiert, wie viel eine Oma-Hand voll Zucker wog.
In diesen Tagen denke ich viel über Nachhaltigkeit nach. Bewusster, nachhaltiger und naturverbundener zu leben, ist mir ein großes Anliegen und ich erlebe, dass es Mühe, Zeit und Geld kostet, das in meinem Alltag umzusetzen. So selbstversorgend zu leben, wie meine Oma es getan hat, werde ich wohl nie. Dazu fehlen mir der Garten, das Know-How und die Zeit. Dennoch möchte ich von meiner Oma lernen. Ihr Leben während und nach dem 2. Weltkrieg möchte ich auf keinen Fall schönreden. Sie hat unfassbar harte Zeiten erlebt und die Mühen des Selbstversorgerlebens auf einem Bauernhof kann ich nicht im Ansatz erahnen. Aber die Haltung, die sie noch in hohem Lebensalter ausstrahlte, wurde mir zum Vorbild. Sie war sehr genügsam und zufrieden mit dem was sie hatte. Sie strebte nicht nach höher, besser, weiter und mehr, sondern war sparsam und genoss den Augenblick. Das möchte ich auch tun und genieße das Kneten des Streuselteigs und anschließend den Hefeduft in unserer Wohnung.